Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler, sagte zur Verurteilung von Nguyen Bac Truyen, Nguyen Van Dai, Le Thu Ha, Pham Van Troi, Truong Minh Duc und Nguyen Trung Ton zu hohen Haftstrafen heute (06.04.):
"Das Urteil gegen sechs vietnamesische Bürgerrechtler gibt Anlass zu Sorge. Die Verurteilten setzen sich für eine Stärkung der Rechtsstaatlichkeit, für Transparenz der öffentlichen Verwaltung und für mehr zivilgesellschaftliche Teilhabe ein – kurz: für ein besseres Vietnam. Sie tun das unter Wahrnehmung jener Rechte, die ausdrücklich durch die vietnamesische Verfassung garantiert werden und zu deren Umsetzung Vietnam sich in internationalen Verträgen selbst verpflichtet hat: Meinungsfreiheit, Pressefreiheit, Vereinigungsfreiheit. Für dieses Engagement für die Zukunft Vietnams müssen sie jetzt ins Gefängnis.
Sorge bereiten mir auch die Mängel an Rechtsstaatlichkeit bei Ermittlungen und Prozess. So saßen Nguyen Van Dai und Le Thu Ha mehr als zwei Jahre in Untersuchungshaft – ohne Kontakt zu Mitgefangenen, ohne anwaltlichen Beistand und nur mit wenigen Familienbesuchen. Viele Familien wurden nach der Festnahme ihrer Angehörigen wochenlang über deren Verbleib und die strafrechtlichen Vorwürfe im Unklaren gelassen. Einige der Anwälte klagen über die Beschneidung ihrer strafprozessualen Rechte."
Hintergrund:
Die mutmaßlichen Mitglieder der Brotherhood of Democracy wurden mit folgenden Freiheitsstrafen belegt: Nguyen Trung Ton und Truong Minh Duc jeweils 12 Jahre, Nguyen Bac Truyen 11 Jahre und Pham Van Troi 7 Jahre. Nguyen Van Dai ist vom Gericht der Stadt Hanoi zu 15 Jahren Gefängnis wegen "Aktivitäten zum Umsturz der Volksregierung" verurteilt worden. Seine Assistentin Le Thu Ha soll für 9 Jahre in Haft.
Wegen seines Engagements für Demokratisierung und Rechtsstaatlichkeit war der Menschenrechtsverteidiger Nguyen Van Dai bereits von 2007 bis 2011 in Haft. Er wurde von der Rechtsanwaltskammer ausgeschlossen, erhielt Berufsverbot und durfte auch nach Verbüßung seiner Haft Vietnam nicht verlassen. Ende 2015 wurden Dai und Le Thu Ha unter dem Vorwurf „Propaganda gegen den Staat“ (Art. 88 des Strafgesetzbuches) verhaftet. Im Juli 2017 weiteten die Behörden die strafrechtlichen Vorwürfe auf „Umsturzaktivitäten“ aus. Gleichzeitig wurden die vier heute ebenfalls verurteilten Aktivisten Truyen, Troi, Duc und Ton festgenommen.
Die Bundesregierung, Abgeordnete, zahlreiche deutsche und internationale Organisationen und zivilgesellschaftliche Akteure setzen sich für die Freilassung der Aktivisten ein. Der damalige Außenminister Steinmeier hat anlässlich seines Vietnam-Besuchs im Oktober 2016 für die Freilassung Dais geworben. 2017 wurde Dai mit dem Menschenrechtspreis des Deutschen Richterbundes ausgezeichnet.
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