Die Rolle der Frau in der Gesellschaft hat sich im Vergleich zu früher stark verändert. Doch noch immer haben sie in vielen Ländern der Erde nicht dieselben Rechte wie Männer. Deshalb stehen die Rechte von Frauen auch auf der Agenda des anstehenden G7-Gipfels. Schekker-Autorin Fabienne hat die Organisation „Amnesty for Women“ in Hamburg besucht, um Näheres über das Thema zu erfahren.
„Wir kämpfen für Frauenrechte“, sagt Praparait Mix, während vor mir eine dampfende Tasse Tee auf dem Tisch steht. Praparait ist Beraterin bei „Amnesty for Women“, einer Menschenrechtsorganisation in Hamburg. Sie erzählt mir, wie sie sich für die Rechte von Migrantinnen einsetzt. Es sind vorrangig Frauen aus Afghanistan und dem südostasiatischen Raum, die die Organisation aufsuchen. Hier erhoffen sie sich Unterstützung im Erlernen der deutschen Sprache, beim Versuch, sich von ihrem Mann unabhängig zu machen oder allgemein darin, in Deutschland Fuß zu fassen.
Deutschland als Vorbild?
Ich möchte von ihr wissen, ob sie glaubt, dass Deutschland ein Vorbild in Sachen Frauenrechte ist. Schließlich dürfen Frauen hierzulande frei wählen, es gibt Gleichstellungsgesetze und neuerdings auch eine Frauenquote für große Unternehmen. Das wäre in anderen Ländern und Kulturen undenkbar, in denen arrangierte Ehen, Diskriminierung und Gewalt leider keine Seltenheit sind.
Praparait Mix berät Frauen, unter anderem aus Südostasien, über ihre Situation in Deutschland. Foto: Fabienne Kollien
Praparait, selbst Migrantin mit thailändischen Wurzeln, sieht Deutschland als sehr fortschrittlich an, vor allem in Bezug auf soziale Einrichtungen für Frauen, wozu auch „Amnesty for Women“ gehört. „Selbst in westlichen Ländern wie Schweden, Frankreich oder England gib es so ein Angebot kaum oder überhaupt nicht“, erzählt sie mir. Die Gesetze für Frauen mit Migrationshintergrund sind dort insgesamt strenger. Deutschland biete dagegen viele, auch vom Staat geförderte Möglichkeiten, die von Frauen genutzt werden könnten.
Was das Gehalt betrifft, könnte sich allerdings auch in einem Land wie Deutschland noch etwas ändern, findet Praparait: „Es ist immer noch so, dass Männer mehr Gehalt als Frauen bekommen und es mehr männliche als weibliche Chefs gibt“, so die Frauenberaterin.
In anderen Ländern wie zum Beispiel Bhutan und dem Libanon gibt es ganz andere Probleme: Eine Frau, die von Amnesty for Women betreut wurde, fragte Praparait: „Ist es wahr, dass Frauen in Deutschland wählen gehen dürfen?“ Die Rechte, die Frauen hier besitzen, waren ihr bislang unbekannt.
Von Null anfangen
Alle zwei Monate bietet die Organisation ein Treffen für die betreuten Frauen an, bei denen sie sich über ihre Lebenssituation austauschen können. „Viele Migrantinnen kommen auf der Suche nach Arbeit zu Amnesty for Women“, berichtet mir Praparait. „Oder um der Familie ein besseres Leben bieten zu können.“ Das Asylrecht, das mit Ehe und Kindern zusammenhängt, bietet für viele von ihnen eine schwer zu bewältigende Hürde, denn nur nach einer bestimmten Anzahl von Ehejahren mit einem Deutschen dürfen sie nach der Scheidung in Deutschland bleiben – die Organisation unterstützt sie hier ebenfalls.
Manche Frauen wissen gar nicht, welche Rechte sie laut Gesetz haben. „Viele Frauen müssen von Null anfangen“, erklärt mir Praparait. „Es komme vor, dass ausländische Frauen ihre in Deutschland lebenden Partner nur über die Webcam oder WhatsApp kennen und dann mit dem Versprechen, zu heiraten, nach Deutschland gelockt werden.“ Oft passiert es, dass sie dann am deutschen Flughafen stehen gelassen werden. Einige Frauen müssten erst lernen, dass ihr Pass ihnen gehöre und der Mann nicht das Recht habe, ihn an sich zu nehmen, erzählt sie weiter.
Die neuen Powerfrauen
Ebenfalls ein wichtiges Thema: Gleiche Bezahlung für die Geschlechter. Foto: blu-news.org, flickr.com, CC-Lizenz (CC BY-SA 2.0)
„Werden sich Frauenrechte weltweit in Zukunft noch sehr verändern?“, frage ich. Daraufhin erzählt mir Praparait von einer Migrantin, die erst nach fünfzehn Jahren in Deutschland anfing, Deutsch zu lernen. Ihr Mann hatte das Erlernen der deutschen Sprache nie für nötig gehalten. Trotz der fünf gemeinsamen Kinder setzte sie schließlich sogar die Scheidung durch, vor der sie große Angst gehabt hatte. „Sie ist stark geworden, nach fünfzehn Jahren“, sagt Praparait und ich sehe, wie stolz sie auf diese Frau ist, die es nach so langer Zeit geschafft hat, ihr Leben in die eigene Hand zu nehmen.
Für Prarapait Mix ist klar: Die Frauen kämpfen heute mehr als noch früher für ihre Rechte. „Vor allem der Zusammenhalt unter den Frauen sei besonders wichtig. Das sieht man zum Beispiel in Indien und in der Türkei, wo sich richtige ‚Powerfrauen‘ entwickelt haben“, so Praparait. Diese Powerfrauen zu unterstützen und sie zu ermutigen, ihr Recht einzufordern, das hat sie sich zum Ziel gesetzt.
Am 7. und 8. Juni 2015 treffen sich die Staats- und Regierungschefs der G7 zu ihrem Gipfel in Schloss Elmau in Oberbayern. Neben Fragen der Weltwirtschaft, der Außen-, Sicherheits-, Umwelt- und Entwicklungspolitik beraten sie dort auch über die Stärkung von Frauen bei Selbständigkeit und beruflicher Bildung. Wie kann der Zugang zu Bildung sowie die Verwirklichung gleicher Rechte für alle Frauen und Männer, Mädchen und Jungen erreicht werden?